Freitag morgen müssen wir früh hoch. Es gibt reichlich zu tun. Svendrix fährt mit Will zum Flughafen um die Nachzügler aufzusammeln. Gunta und Jorge sind nun also auch Down-Under und werden erstmal ins Bett geschickt, um sich ein paar Stunden auszuschlafen. Ein paar Jungs machen sich auf, um die wichtigsten Dinge dieser Reise abzuholen: Bus und Backline. Alles quer verteilt über das gesamte Stadtgebiet von Sydney. (Ohne Navi würden wir da jetzt noch rumkurven) Bente traut sich als erster in den Linksverkehr und meistert die Aufgabe bravourös. Mit dem Bus geht es zu dem Fender-Rhodes-Typen in so einen miesen Vorort namens Epping. Seine Internetpräsentation sah ja ganz gut aus, aber den Laden dazu gibt es nicht. Nur drei völlig chaotische Werkstatt-Wohnzimmer mit diversen Tasteninstrumenten. Und der Typ selber ist genauso suspekt; kommt so ein bisschen rüber wie der typische Psycho-Serienkiller aus einem Hollywood-Film. Er spielt uns erst mal was auf seiner Heimorgel vor um uns anschließend einen Haufen Geld abzuknüpen. Mal sehen, ob wir unsere 600 Dollar „Security-Deposit“ jemals wiedersehen werden…
Weiter geht´s zu Billy Hyde ans andere Ende der Stadt. Die Backline ist soweit schon vorgepackt und kann direkt verladen werden (unser equipment steht genau neben dem von den alten Metal-Recken von Testament, ich dachte die wären schon alle tot). Ich versuche mich an der Bezahlung per Kreditkarte. Aber na klar: Kreditkarte funktioniert nicht mehr, wahrscheinlich ist das Tageslimit überschritten, stört aber keinen so richtig, da die Bürotante so ziemlich das hotteste ist, was uns bisher über den weg gelaufen ist. Letztendlich geht das alles nach ein paar Telefonaten aber doch klar und die blöden Deutschen blockieren nicht länger den Laden…
Danach wieder zurück zur Homebase, wo die schwierigste Aufgabe noch wartet: Packen! Viel zu viel Kram und viel zu wenig Platz. Lesley, bekannt für seinen Aktionismus, schraubt einfach mal fünf Sitze raus.
Jetzt bleiben uns noch neun. Es ist alles verdammt eng und die Hälfte unserer eigenen Klamotten müssen bei Will zwischenlagern; geht nicht anders. Aber wenigstens können wir jetzt losfahren, auch wenn der Bus immer noch komplett überladen ist.
Noch das Böse-Logo auf die linke Seitenscheibe und Abfahrt! We’re on the road! Allerdings nur kurz.
Ankunft 17h am Beach Road Hotel, Soundcheck. Alle leicht angespannt, da keiner so recht eine Idee hat, was hier denn wohl heute passieren würde und ob die ganze Sache mit deutschen Texten überhaupt funktioniert. Der Laden am Bondi Beach ist wohl, was Party-Locations angeht, eine der besseren Adressen in Sydney. Viele, sehr hübsche und teilweise völlig überstylte Ladies und die dazugehörigen blonden Klischeesurferboys. Der Laden füllt sich gen Abend auch so langsam, während Shannon, ein Rapper von der dort recht bekannten Truppe „The Herd“ mit seinem DJ das Vorprogramm hinlegt. Er kündigt uns nach seinem Set kurz an: „Da Foll Bousse“ from Hamburg, Germany…blablabla…auf die Bühne…eins zwei drei vier und ab…und plötzlich ist der Moment da, dem wir seit knapp einem Jahr fast täglich entgegengefiebern und der für uns auch irgendwie richtungsweisend für die ganze Tour sein könnte. Da stehen wir jetzt, am anderen Ende der Welt, ziemlich angetrunken vor knapp 250 Australiern und hauen den anfangs leicht verstörten Gesichtern unsere deutschen Texte um die Ohren. Und?!…es funktioniert!. Die haben einfach Bock auf Mucke und vor allem auf Live-Mucke, und wenn das rockt und tight ist, ist das völlig egal, ob die was verstehen oder nicht. Die Ladies fangen zuerst an zu tanzen und dann geht der Rest ja bekanntermaßen von selbst. Kurze Zeit später stehen schon zwei Typen bei uns auf der Bühne und versuchen zu freestylen, werden aber sofort von der sehr aufmerksamen security wieder von der Bühne geholt. Als nächstes gibt es einen ganz netten Oben-ohne Strip einer der Damen in der 1. Reihe, so bringt das Spass. Die Show dauert ca. 80 Minuten, kommt mir aber vor wie ne halbe Stunde. Insgesamt gesehen ist das musikalisch alles noch etwas holprig, was aber zu erwaten war nach den ganzen Strapazen, aber wenigstens können wir jetzt endlich das tun, wozu wir hergekommen sind. Musik!!! Der Laden macht dann auch kurz danach dicht.
Trotz der Tatsache, dass wir am nächsten Morgen um 9 wieder auf dem Freeway sein müssen, kommt irgendwie keiner auf die Idee, sich ins Bett zu legen. Wir ziehen also mit dem gesamten Tross inkl. Filmteam, Alkohol- und Adrenalin- geschwängert in das direkt am Strand liegende Bondi Hotel, wo auch schon ne ziemlich exzessive Party mit vielen Menschen, sehr lauter Musik und reichlich Drinks am laufen ist, viele von den Gästen haben uns wohl auch gerade nebenan spielen sehen. Also erstmal schön ohne Rücksicht auf Verlusste das Gesicht zunageln. Um es kurz zu machen: Ich, Lesley und Roman der Regisseur nehmen in den frühen Morgenstunden noch ein kurzes Pazifik-Bad (nackich), um uns danach noch kurz für zwei Stunden im Hotel abzulegen. Man kommt sich ab und an vor wie in einem Tarantino- oder David Lynch Film, alles wirkt ein wenig irreal und man fasst sich andauernd an den Kopf und fragt sich:“was tun wir hier eigentlich“.
Der Wecker reisst mich wenig später aus einem Traum, auf den ich hier nicht näher eingehen möchte. Kurz duschen und ab in den Bus. 600 Km in Richtung Südwesten etwas ins Landes innere.