Ortszeit 17.30, tierisch heiss. Ziemlich strapaziöse Busfahrt und immer noch irgendwie verstrahlt. Albury ist genau das Gegenteil von Sydney. Eine ländliche Kleinstadt. Das grösste Gebäude ist ein Geschäft für Jagd- und Fischereifachbedarf. Gegenüber ist das Sodens, aus dem wahnsinnig lauter Punkrock schallt. So recht will das gerade alles nicht zusammen passen, wirkt aber irgenwie sympathisch. Die meissten Locations hier sind in der Regel Hotels mit angeschlossenen Veranstaltungsräumen für Live Musik und so´n Zeugs.
In diesem Fall etwas heruntergekommen aber nett, ausserdem darf man hier rauchen, was in Australien eine absolute Seltenheit ist. Der Dialekt ist ein komplett anderer als in Sydney. Bei meinen ersten drei „Coke“-Bestellungen bei unterschiedlichen Tresenleuten, bekomme ich jeweils ein „Carlton“, ok, also doch erst mal wieder Bier. An der Rezeption kann man für 5$ Viagra kaufen. Der Veranstaltungsraum erinnert etwas an Irish Pubs, also klein und ebenerdig. In solchen Läden reicht es meistens, wenn man nur den Gesang über die PA verstärkt und sonst einfach so spielt wie im Proberaum. Wir bauen kurz unseren Kram auf und auf die Frage, wann denn der Techniker käme, gibt es ein entspanntes „he will come, mate“ zurück. Ist einfach alles wesenlich entspannter. In Deutschland wären schon längst hektische Telefonkonferenzen mit Bookern, Toumanagern und dem ganzen Gesocks am laufen. Er kommt dann auch kurz vorm Konzert, ist supernett und hat einen Arm in Gips. Auf die Frage, ob das denn ginge, sagt er: “one is enough, mate“. Als wir gegen 22h anfangen zu spielen, sind vielleicht gerade mal 30 Leute bei der Bühne, darunter 3 Frauen, die dafür aber aussehen wie Männer, der Rest amüsiert sich auf einer Geburtstagsparty im Nebenraum oder verständlicherweise im outdoor Bereich.
Der Auftritt selbst ist eigentlich recht angenehm. Der Sound ist gut und die Leute finden schnell Gefallen an uns und umgekehrt. Die familiäre Atmosphäre nutzen Les und Ich, den Leuten wirklich schmutzige deutsche Schimpfwörter beizubringen, die auch artig auf Kommando im Chor gebrüllt werden.
Die Ansagen zwischen den Songs machen wir dann doch lieber auf englisch, wir spielen uns da ein bisschen die Bälle zu und das funktioniert auch ganz gut und scheint offenbar sympathisch anzukommen. Wir spielen bis ca Mitternacht, schütteln jedem Gast persönlich die Hand und verkaufen sogar ein paar CD´s. Anschliessend wird kurz abgebaut, da wir in 3 Stunden weiter müssen um rechtzeitig in Melbourne die 7 Uhr Fähre nach Tasmanien zu bekommen. Gunta, Svendrix und Bente verbringen trotzdem die restliche Zeit an der Bar und bekommen noch ein aufblasbares Plastik-Kangaroo geschenkt. Ans Ausruhen war eh nicht wirklich zu denken, da die Musik von unten so laut war, dass das Bett gewackelt hat. Ein schönes Zitat von Bente ist da noch hängengeblieben:“Ich kann hier eh nicht schlafen wenn ich nicht besoffen bin“.
Nachts um halb drei geht´s dann weiter; die 360 Km zur Fähre waren schnell abgerockt. Jetzt geht´s noch mal 10 Std über Wasser in Richtung Tasmanien, wo wir am Montag unseren dritten Gig haben.